Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 7, Nein: 2, Enthaltungen: 0

Beschluss:

 

Eine Erhaltungsatzung gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch (BauGB) wird für das Grundstück „Meyer’s Gasthaus“ in Huntlosen, Bahnhofstraße 67, nicht aufgestellt.


Sach- und Rechtslage:

 

Über viele Jahr hat die Familie Meyer in Huntlosen den Gaststätten- und Saalbetrieb „Meyer’s Gasthaus“ betrieben. Inzwischen wurde der Betrieb vollständig aufgegeben. Mit einer Wiedereröffnung ist aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage im Bereich des Gaststättengewerbes und der örtlichen Verhältnisse nicht zu rechnen.

 

Über die Jahre sind verschiedene Erweiterungen am Gebäude durchgeführt worden. Aufgrund des altersgerechten Zustandes wären durch einen Nachnutzer erhebliche Investitionen zu tätigen. Es muss daher befürchtet werden, dass ein langfristiger Leerstand in exponierter Dorflage entstehen könnte.

 

Die Gruppe Grüne – KA – Lahrmann hat mit E-Mail vom 12.01.2023 beantragt, ihren Antrag vom 07.11.2022, eine Erhaltungssatzung für das Grundstück der Gaststätte „Meyer’s Gasthaus“ in Huntlosen, Bahnhofstraße 67, gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch (BauGB) zu erlassen, im Planungs- und Umweltausschuss zu beraten. Hierdurch soll der ortsbildprägende sowie historische Gebäudebestand dauerhaft erhalten werden. Im Einzelnen wird auf die bereits mit Schreiben vom 07.11.2022 vorgebrachten Gründe verwiesen.

 

Der Antrag ist der Beschlussvorlage Nr. BV/0333/2021-2026 beigefügt.

 

Zweifelsohne handelt es sich bei den vorhandenen Gebäuden um einen alten Baubestand. Eine denkmalschutzwürdige Funktion der Gaststätte wurde nicht festgestellt. Darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte, dass eine geschichtliche oder künstlerische Bedeutung von dem Grundstück ausgeht, die einen erheblichen Gebietsschutz über eine Erhaltungssatzung im Sinne von § 172 BauGB rechtfertigt.

 

Durch die baurechtliche Einordnung nach § 34 BauGB (Innenbereich) wird sichergestellt, dass sich künftige Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Insbesondere darf das Ortsbild nicht beeinträchtigt werden. Über die Zulässigkeit von Vorhaben im Innenbereich wird im bauaufsichtlichen Verfahren durch die Baugenehmigungsbehörde des Landkreises Oldenburg im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Aufgrund der guten und engen Abstimmung mit dem Landkreis Oldenburg wird diese Möglichkeit der Mitgestaltung als ausreichend angesehen. Eine darüberhinausgehende und für den Eigentümer erheblich einschränkende Erhaltungssatzung wird damit entbehrlich.

 

Der Verwaltungsausschuss hat am 15.12.2022 beschlossen, das gemeindliche Einvernehmen für ein Bauvorhaben (4 Mehrfamilienhäuser) auf der Fläche zu erteilen.

 

Aus den vorgenannten Gründen wird die städtebauliche Erforderlichkeit der Planung nicht gesehen, so dass eine Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht erlassen werden sollte.

 

Der Bürgermeister empfiehlt, folgenden Beschluss zu fassen:

 

Eine Erhaltungsatzung gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch (BauGB) wird für das Grundstück „Meyer’s Gasthaus“ in Huntlosen, Bahnhofstraße 67, nicht aufgestellt.

 

Sitzungsbeiträge:

 

Bürgermeister Schmidtke führt in die Sach- und Rechtslage ein.

 

Mitglied Reinkober erläutert den Antrag der Gruppe Grüne – KA – Lahrmann. Er verweist darauf, dass das Gebäude im Dorfentwicklungsplan vor 25 Jahren als ortsbildprägend bewertet wurde. Zudem weist er darauf hin, dass die Gemeinden ein Erhaltungsgebot für wesentliche Strukturen haben und das Gebäude mitten im Ortskern von Huntlosen liege. Er frage sich zudem, wie es sein könne, dass es in den letzten Jahren keine Investitionen mehr in dieses Gebäude gab. Aus seiner Sicht könnten die Flächen hinter dem Gasthaus durchaus bebaut werden. Das Gasthaus an sich solle über die Erhaltungssatzung allerdings erhalten werden. Als positives Beispiel für eine Übernahme eines Gasthofes durch Bürger nennt er die Gemeinde Benstrup. Zudem verweist er erneut auf die identifikationsstiftende Funktion des Gebäudes. Er kritisiert die Sitzungsvorlage, da sie eine Beschlussempfehlung der Verwaltung enthält. Für das nächste Mal wünsche er sich eine neutrale Empfehlung, in der auf eine Beratung des Vorhabens verwiesen werde.

 

Ratsherr Stoll spricht von einem Eingriff ins Privateigentum, der einer Enteignung gleichkomme. Er unterstützt die Aussage, dass das Gasthaus einen ortsbildprägenden Charakter habe. Allerdings befürchtet er, dass sich dieses mit einer Erhaltungssatzung zu einer Ruine entwickle, um die sich keiner mehr kümmern werde.  Eine Investition von Familie Meyer werde nicht mehr getätigt. Die CDU-Fraktion werde daher den Beschlussvorschlag unterstützen.

 

Mitglied Reinkober stellt klar, dass die Erhaltungssatzung keinesfalls etwas mit einer Enteignung zu tun habe, sondern dem Erhalt von Strukturen diene.

 

Ratsherr Hüsers führt aus, dass die CDU-Fraktion sich seinerzeit für die Dorfentwicklung in Huntlosen vor 25 Jahren eingesetzt habe und dort auch in Bezug auf das Gasthaus Meyer auf einen ortsbildprägenden Charakter hingewiesen habe. Der Landkreis Oldenburg stufe das Haus ebenfalls als ortsbildprägend ein, beuge sich aber dem Beschluss der Verwaltung. Er bedankt sich für 25 Jahre Gaststättenbetrieb bei der Familie Meyer. Diese könne aus seiner Sicht gerne verkaufen, allerdings wäre es für den Ortskern wesentlich, die Gastronomie zu erhalten. Es ginge dabei um den Ursprung von Huntlosen und den Wert der Kulturgeschichte. Er sehe die Gefahr einer Entwicklung von Huntlosen zu einem seelenlosen Dorf, der soziale Zusammenhalt sei eine Aufgabe der Politik. Dass das Gebäude abgerissen werden soll, sei nun bereits bekannt, aber die Erhaltung der Giebelfront sei als Auflage vom Landkreis Oldenburg auferlegt worden. Die Gruppe Grüne – KA – Lahrmann werde der Beschlussempfehlung der Verwaltung nicht folgen. Zudem wurde der Denkmalschutz geprüft, dieser sei allerdings nicht möglich. Er habe bezüglich des Gasthauses einen anderen Vorschlag. Ihm sei bewusst, dass der Kauf durch die Gemeinde utopisch wäre, aber er würde sich wünschen, dass beispielsweise die Dorfgemeinschaft das Gasthaus kaufe. Er fordere daher Zeit für die Erstellung eines Finanzierungskonzeptes in Zusammenarbeit mit der Gemeinde und ggf. auch Fördermaßnahmen. Der Verkauf werde grundsätzlich nicht abgelehnt. Es handele sich keineswegs um eine Enteignung. Es gehe ausschließlich um eine Unterschutzstellung des Gebäudes. Er fordert einen Antrag der anderen Fraktionen auf Vertagung.

 

Beigeordneter Bilger merkt an, dass niemand die Schließung der Gaststätte möchte, allerdings sei es eine Entscheidung der Familie und diese stehe nun einmal fest, was schade und bedauerlich sei. Er verweist auf die Gaststätte Otte in Sage-Haast. Man könne nicht alle Gaststätten aufkaufen, die schließen. Wo solle man anfangen und wo aufhören. Er könne nichts Historisches an dem Gebäude finden und die Beschlüsse der Dorfentwicklung vor 25 Jahren seien mittlerweile veraltet, da sich zwischenzeitlich viel geändert habe. Zudem sei der Verkauf des Gebäudes seit über einem Jahr bekannt, so dass die Dorfgemeinschaft bereits Zeit hatte, hier eine Initiative zu ergreifen. Es ist hinlänglich bekannt, dass das Gebäude mittlerweile für ein Jahr als Unterkunft für Geflüchtete angemietet wurde. Daher sei noch Zeit vorhanden. Die SPD-Fraktion werde daher der Beschlussempfehlung der Verwaltung folgen. Sie wollen der weiteren Entwicklung des Geländes mit einer Erhaltungssatzung nicht entgegenstehen.

 

Ratsherr Hüsers empfiehlt, sich die alten Unterlagen anzusehen. Er sehe die Erhaltungssatzung nicht als schädlich an, denn im Innenraum könne man schließlich trotzdem etwas ändern.