Sach- und Rechtslage:
In seiner Sitzung am 20.10.2014 hat der Rat beschlossen, eine
planungsrechtliche Steuerung von landwirtschaftlichen Tierhaltungsanlagen im
Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch (BauGB) und landwirtschaftlich
gewerblichen Tierhaltungsanlagen im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB
durchzuführen.
Die Bebauungspläne Nr. 119/1 – 5 „Steuerung von Tierhaltungsanlagen“
sind am 12.09.2020 rechtsverbindlich geworden.
Das Bundesverwaltungsgericht und das Niedersächsische
Oberverwaltungsgericht Lüneburg haben in zwei Entscheidungen erstmals zu Fragen
des Wegfalls des Privilegierungstatbestands für Tierhaltungsanlagen im Sinne
von § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB Stellung genommen.
Das BVerwG hat im Urteil vom 01.11.2018 entschieden, dass der
Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB unter dem Vorbehalt der
bauplanungsrechtlichen Absicherung von Vorhaben durch Bebauungspläne oder durch
§ 34 BauGB steht und dass diese Folge auch durch die Festsetzung von
Sondergebieten für gewerbliche Tierhaltungsanlagen eintreten kann. Das OVG
Lüneburg hatte dies im vorhergehenden Urteil vom 15.06.2017 für Sondergebiete
verneint.
Das OVG Lüneburg hat im Beschluss vom 04.09.2018 entschieden, dass
gewerblichen Tierhaltungsanlagen die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4
BauGB je nach Lage der Dinge fehlen kann, wenn ein geeignetes Industriegebiet
zu ihrer Unterbringung zur Verfügung steht.
Aufgrund der unklaren Rechtslage wurde Herr Prof. Dr. Wilhelm Söfker
durch den Landkreis Oldenburg mit der Erstellung eines rechtswissenschaftlichen
Gutachtens zu den beiden Urteilen beauftragt. Das Gutachten liegt vor.
Im Gutachten wird zunächst hervorgehoben, dass lediglich die
Privilegierung von Bauvorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB an weitere
Kriterien geknüpft wird. Tierhaltungsanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sind
weiterhin im Außenbereich privilegiert zulässig.
Grundsätzlich ist eine Tierhaltungsanlage im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr.
4 BauGB zunächst in einem Industriegebiet zu errichten. Dies gilt jedoch nicht,
wenn
·
ein Verweis
auf ein Baugrundstück im Industriegebiet nicht zumutbar ist
oder
·
notwendige
Flächen nicht oder zu nicht angemessenen Konditionen verfügbar sind
oder
·
der
Eigentümer erklärt, das unbebaute Grundstück nicht zum Zwecke der Errichtung
einer Tierhaltungsanlage im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB verkaufen zu
wollen.
Sofern einer dieser Umstände zutrifft, sind auch Tierhaltungsanlagen im
Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB weiterhin im Außenbereich zulässig.
Die weitergehenden Kriterien stellen somit lediglich einen zusätzlichen
Prüfungsschritt im Genehmigungsverfahren dar, schließen jedoch keineswegs die
Ansiedlung derartiger Vorhaben im Außenbereich generell aus.
Treffen die Kriterien nicht zu, tritt die Privilegierung wieder ein.
Aktuell stehen im Gemeindegebiet nur wenige unbebaute Industrieflächen
zur Verfügung, die wiederrum aufgrund ihrer hochwertigen Eignung für die
Ansiedlung von störungsintensiven Betrieben bzw. für die Erweiterung von
flächenintensiven Betrieben vorgehalten werden sollen. Darüber hinaus besteht
seitens der derzeitigen Flächeneigentümer keine Bereitschaft, Flächen zum
Zwecke der Errichtung von Tierhaltungsanlage im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4
BauGB zu veräußern.
Um einen flächenschonenden Umgang mit hochwertigen Industrieflächen
sicherstellen zu können sowie die Grundzüge der Planung zu sichern, sollen mit
der 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 75 „Gewerbe- und Industriegebiet
Ahlhorner Heide“ alle Einrichtungen und Anlagen zum Halten und/oder zur Aufzucht
von Tieren im Plangebiet ausgeschlossen werden.
Mit Schreiben vom 23.10.2019 beantragte die Fraktion Kommunale
Alternative, die textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes dahingehen zu
ergänzen, dass der Bau und Betrieb von Schlachthöfen und Schlacht- und
Zerlegebetrieben mit einer Kapazität von mehr als 10 Tonnen Lebendgewicht pro
Tag ausgeschlossen wird.
Auf die Beschlussvorlage Nr. BV/0841/2016-2021 wird verwiesen.
In weiten Teilen der Öffentlichkeit wird der Neubau von Schlachthöfen
abgelehnt. Die öffentliche Meinung wird politisch respektiert. Der
Bürgermeister schließt sich dem an und befürwortet daher den Ausschluss von
Schlachthöfen.
Um die Regelung hinreichend zu bestimmen, wird bei dem Ausschluss auf
die Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV)
Bezug genommen. Die textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes sehen daher
vor, dass Anlagen zum Schlachten von Tieren (Nr. 7.2 des Anhangs 1 der 4.
BImSchV) nicht Bestandteil des Bebauungsplanes sind. Durch diese Regelung sind
nur noch Betriebe zulässig, die weniger als 0,5 Tonnen Lebendgewicht pro Tag
(Geflügel) bzw. 4 Tonnen Lebendgewicht pro Tag (alle übrigen Tierarten)
schlachten.
Die Flächeneigentümer haben gegen die Änderung keine Bedenken.
Die Satzung zur 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 75 „Gewerbe- und
Industriegebiet Ahlhorner Heide“ ist der Beschlussvorlage Nr. BV/0048/2021-2026
als Entwurf beigefügt.
In der Zeit vom 24.04. bis einschließlich 03.06.2021 konnte sich die
Öffentlichkeit über die Planung informieren. Gleichzeitig wurden die Behörden
um Stellungnahme gebeten.
Die von den Privaten vorgebrachten Anregungen und Hinweise sind mit
einem Entscheidungsvorschlag der Beschlussvorlage Nr. BV/0048/2021-2026
beigefügt.
Seitens der Behörden wurden keine Bedenken vorgebracht.
Herr Joachim Mrotzek vom Büro PlanForum Nord GmbH, Großenkneten, wird
die Planung in der Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses vorstellen.
Der Bürgermeister schlägt vor, folgenden Beschluss zu fassen:
Der Bebauungsplan
Nr. 75 „Gewerbe- und Industriegebiet Ahlhorner Heide“, 3. Änderung, wird erneut
als Entwurf angenommen.
Sowohl die
Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) wie auch
die Beteiligung der Behörden gemäß § 4 Abs. 2 BauGB soll durchgeführt werden.
Beschlussempfehlung:
Sowohl die Beteiligung der
Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) wie auch die Beteiligung
der Behörden gemäß § 4 Abs. 2 BauGB soll durchgeführt werden.